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Gemeinschaftsverpflegung (GV)

Die Gemeinschaftsverpflegung bietet mit 1,8 Mio. Essen pro Tag ein enormes Potential, um Menschen eine gesunde und nachhaltige Ernährungsweise zu ermöglichen, angefangen von der Kitaverpflegung, über die Schul- und Betriebs- bis hin zur Seniorenverpflegung in stationären Einrichtungen für ältere Menschen.

Großes Potenzial für Bayern: 1,8 Mio. Essen am Tag in der GV

Gemeinschaftsverpflegung bietet eine einzigartige Gelegenheit, mit ernährungspolitischen Maßnahmen direkt bei den Menschen anzusetzen und auf eine gesunde Lebensweise einzuwirken. Zudem sind die GV-Einrichtungen der Ort für soziale Interaktion und bieten eine Pause von dem stressigen Alltag. Viele Familien und Arbeitnehmer haben in weiten Strecken während der Pandemie auf solche Begegnungen verzichten müssen. Die hohe Bedeutung, welche die Gemeinschaftsverpflegung für die Gesellschaft hat – neben dem zur Verfügung stellen einer warmen Mahlzeit – wurde dadurch noch stärker hervorgehoben. 8 780 Kindertageseinrichtungen, 2 625 Ganztagsschulen, 1 299 Einrichtungen für ältere Menschen, 347 Krankenhäuser und 250 Rehabilitationseinrichtungen bieten in Bayern GV an. Diese rd. 13 000 Einrichtungen bieten täglich die Chance auf den Genuss eines gesunden und nachhaltigen Essens gemeinsam mit Mitschülern, Heimbewohnern und Kollegen.

Hinzu kommen noch Behörden- und Betriebsrestaurants, Akademien, Tagungshäuser, Einrichtungen für behinderte Menschen, Justizvollzugsanstalten sowie Mensen und Schulen, die nicht ganztags geführt werden, aber dennoch Mittagessen anbieten.

Auf das Essen für Kinder und Jugendliche sollte ein besonderes Augenmerk gelegt werden, da sie die Zukunft des Landes mitgestalten und sich die Zahl der Kinder in Betreuungseinrichtungen enorm gesteigert hat. Durch den steten Ausbau von ganztägigen Betreuungseinrichtungen verlagern sich sowohl die Zwischenmahlzeiten als auch die Mittagsmahlzeiten immer mehr von der Familie in die Kita. Die Kitas sind somit Orte, an denen Kinder von klein auf lernen können, sich frisch, gesund und vielseitig zu ernähren und Lebensmittel wertzuschätzen. Mahlzeiten sind auch ein kulturelles und soziales Ereignis mit Ritualen sowie ein wichtiges und vielseitiges Lern- und Erfahrungsfeld für Kinder. Durch die Einnahme gemeinsamer Mahlzeiten werden darüber hinaus auch die sozialen und (inter-)kulturellen Beziehungen in der Einrichtung gestärkt.

Mittlerweile essen in Bayern täglich 433 565 Kinder in Kindertageseinrichtungen, darunter 78 572 Krippenkinder, zu Mittag – Tendenz weiter steigend. Das entspricht 71 % aller betreuten Kinder in Bayern, wobei der Anteil bayernweit stark schwankt: in Mittelfranken, Oberbayern, Oberfranken, Schwaben und der Oberpfalz essen täglich zwischen 60 und 82 % aller betreuten Kinder zu Mittag, wobei Mittelfranken als Spitzenreiter bzgl. des Anteils der betreuten Kinder hervorgeht. In Unterfranken essen knapp über die Hälfte der Kinder in den Einrichtungen zu Mittag und in Niederbayern sind es mit 45 % am wenigsten Essensteilnehmende. Somit ist der Anteil der zu Mittag essenden Kinder in Mittelfranken mit 82 % nahezu doppelt so hoch im Vergleich zu Niederbayern.

Die Anzahl der betreuten Kinder mit Mittagsverpflegung stieg in den letzten 12 Jahren um beachtliche 60 %. Bayernweit waren knapp zwei Drittel (63 %) aller betreuten Kinder mit Mittagsverpflegung 3 bis unter 8 Jahren (ohne Schulkinder).

Entwicklung der Anzahl der in Kindertageseinrichtungen betreuten Kinder mit Mittagsverpflegung in Bayern – Schaubild 2 in höherer Auflösung

 

In Bayern gibt es derzeit 4 505 allgemeinbildende Schulen mit über 1,2 Mio. Schülerinnen und Schülern (Quelle: Bayerisches Landesamt für Statistik: Bayerische Schulen; Stand: Oktober 2020). Durch den Ausbau von Ganztagsschulen verbringen die Schülerinnen und Schüler immer mehr Zeit in der Schule und sind zudem auf ein Verpflegungsangebot angewiesen. Über 110 000 Menschen in Bayern leben in Senioreneinrichtungen und sollen dort gut verpflegt werden und sich wohlfühlen.

Ein Plus: Die Leitlinien für die Gemeinschaftsverpflegung in Bayern

Die Einrichtungen für GV sind exzellente Orte, um Essensgästen aller Altersstufen den Wert gesunder, frischer, regionaler und auch ökologisch produzierter Lebensmittel nahezubringen. Die Qualität der verwendeten Zutaten wird dabei immer wichtiger. Für die Landwirtschaft bietet die Gemeinschaftsverpflegung einen wichtigen Absatzmarkt: Allein Betriebsrestaurants und Seniorenheime in Bayern verarbeiten jährlich Lebensmittel im Wert von fast 1 Mrd. € (Jaquemoth, M./Greiner, M./Hufnagel, R. et al 2015).

Die Bayerischen Leitlinien für die Verpflegung in Kindertageseinrichtungen, Schulen, Betriebsrestaurants und stationären Senioreneinrichtungen beschreiben die Philosophie einer guten Verpflegung in Bezug auf Gesundheit, Wertschätzung, Nachhaltigkeit und Wirtschaftlichkeit. Basis sind die Qualitätsstandards der Deutschen Gesellschaft für Ernährung (DGE). Die Leitlinien enthalten konkrete Orientierungshilfen für die Umsetzung in die Praxis.

Zur Optimierung des Essensangebotes erhalten die Akteure der Gemeinschaftsverpflegung in Bayern vor Ort professionelle Unterstützung von den acht Fachzentren für Ernährung und Gemeinschaftsverpflegung (ab 1. Juli 2021: acht Sachgebiete Gemeinschaftsverpflegung L 2.3 GV). Die Maßnahmen reichen von Workshops und Arbeitskreisen über Fachtagungen bis hin zum individuellen Coaching. Ergänzt wird dieses Angebot durch Maßnahmen und Angebote des Kompetenzzentrums für Ernährung (KErn).

Mehr regionale und ökologische Lebensmittel in die Gemeinschaftsverpflegung

Mit dem Ministerratsbeschluss vom 13. Januar 2020 „Mehr regionale oder ökologische Lebensmittel in staatlichen Kantinen“ wurde festgelegt, dass die staatlichen Kantinen bis 2025 mindestens 50 % regionale oder ökologische Lebensmittel einsetzen sollen. Die Bayerischen Ministerien gehen als Vorbild voran und bis 2030 sollen auch Kitas und Schulen in kommunaler und öffentlicher Trägerschaft das Ziel erreichen.

2020 wurde eine ressortübergreifende Arbeitsgruppe unter der Leitung des Bayerischen Staatsministeriums für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten installiert, um eine breite Zustimmung für die hoch gesteckten Ziele in der Verwaltung zu erhalten und auf möglichst viele Behörden und Einrichtungen auszustrahlen. 2021 haben sich 28 Behörden für ein Coaching entschieden. Die Kantinen werden flächendeckend von den oben genannten acht Sachgebieten L 2.3 GV begleitet und unterstützt, die Verpflegung regionaler und ökologischer zu gestalten.

Zusätzlich wurden in neun Modellgebieten in Bayern sogenannte Regionaltische gegründet. Die Regionaltische sollen Anbieter und Nachfrager von regional erzeugten Lebensmitteln vernetzen und Wertschöpfungsketten schließen. Die Federführung haben die Behördenleiter der Ämter für Ernährung, Landwirtschaft und Forsten. Unter Einbindung der zuständigen Sachgebiete L 2.3 GV bringen sie alle Akteure und Stakeholder buchstäblich an einen Tisch und treiben das Thema gemeinsam voran (Landkreise, Kommunen, Verbünde, Verarbeiter, Großhandel, Bayerischer Bauernverband, DEHOGA, Regionalinitiativen, Ökomodellregionen, LEADER, etc.). Es geht dabei um eine Bündelung und Abstimmung zwischen bestehenden und neuen Initiativen, um gemeinsam an einem Strang zu ziehen: Eine deutliche und stetige Erhöhung des Bioregio-Anteils bis 2025 bzw. 2030, dies langfristig auf hohem Niveau zu halten und weiter auszubauen.

Forum Kita- und Schulverpflegung – Träger unter sich

Für Kommunen und andere (Sachaufwands-)Träger von Kitas und Schulen gibt es die Veranstaltungsreihe „Forum Kita- und Schulverpflegung – Träger unter sich“, die 2020 und 2021 von den Bereichen „Ernährung und Landwirtschaft“ der Regierungen durchgeführt wurden. Im Herbst 2021 haben fünf Online-Veranstaltungen stattgefunden. Die Träger tauschten sich intensiv zum Thema „Auf dem Weg zu mehr bio und regio“ aus. Auf großes Interesse stießen die konkreten Hinweise für die Ausschreibung von Verpflegungsleistungen.

Angebote der Fachzentren Ernährung/Gemeinschaftsverpflegung, heute Sachgebiete L 2.3 GV

In allen Regierungsbezirken finden jährlich Tagungen für Fach- und Führungskräfte in der GV statt. Im Jahr 2020 mussten die Fachtagungen auf Grund der Corona-Pandemie kurzfristig abgesagt werden. 2021 wurden die acht Veranstaltungen erstmals in einer bayernweiten Online-Fachtagung gebündelt. Unter dem Motto „Gut-besser-digital“ erreichte die Veranstaltung insgesamt über 500 Teilnehmer. Ähnlich erging es auch dem Kita- und Schulverpflegungsteam: Im Jahr 2020 wurden die Fachtagungen coronabedingt abgesagt. Im Jahr 2021 fand dann eine bayernweite Online-Fachtagung unter dem Motto „Genießen mit Verantwortung – Eckpfeiler nachhaltiger Kita- und Schulverpflegung“ statt, der mit rd. 670 Teilnehmern sehr gut angenommen wurde.

Neben den Veranstaltungen gibt es bayernweit ProfiTreffs, ein bereits etabliertes und stets geschätztes Angebot „von Profis für Profis“, und zahlreiche weitere Workshops zu den Themen wie „Vermeidung von Lebensmittelverschwendung“, „Nudging – clevere Essentscheidungen anstoßen“ oder „Ressourcen schonen in der Gemeinschaftsverpflegung“. Weitere Schwerpunkte sind „Speiseplan-Check in der Mittagsverpflegung“ oder „Gut verpflegt den ganzen Tag – Vollverpflegung in der Kita“.

Besondere Herausforderungen in der Seniorenverpflegung sind z. B. Demenz, Kau- und Schluckbeschwerden und Mangelernährung. Auch zu diesen Themen werden Workshops angeboten.

Ein besonderes und intensives Angebot stellen die Coachings des Sachgebietes L 2.3 GV dar. Grundlage für das Coaching sind die Bayerischen Leitlinien Gemeinschaftsverpflegung. In den vergangenen beiden Jahren wurden 80 Kitas und 14 Schulen intensiv auf dem Weg zu einem gesundheitsförderlichen Mittagsangebot begleitet und Veränderungen angestoßen. Im Jahr 2020 haben sich im Coaching auch 55 Senioreneinrichtungen auf den Weg gemacht, ihre Verpflegung zu verbessern. Dabei profitieren die Kitas, Schulen und Senioreneinrichtungen davon, dass sie gemeinsam mit ihrem Coach Speisepläne analysieren und besprechen, Schwachstellen identifizieren und den Einkauf nachhaltiger gestalten, sowie Rahmenbedingungen optimieren.